Jubiläum: 75 Jahre Dominikaner an St. Andreas

Jubiläum: 75 Jahre Dominikaner an St. Andreas

Jubiläum: 75 Jahre Dominikaner an St. Andreas

Ansprache von Pater Christoph Wekenborg OP im Jubiläumsgottesdienst am 01. Mai 2022

– 75 Jahre Dominikaner an St. Andreas –

Ein kleines Jubiläum im Vergleich zu den Jubiläen, die wir 2016 und 2021 gefeiert haben: „800 Jahre Dominikanerorden“ und „800 Jahre Dominikaner in Köln“…ein kleines Jubiläum, aber ein wichtiges Jubiläum …für uns Kölner Dominikaner und für sehr, sehr viele Menschen in Köln und Umgebung, denen St. Andreas in den letzten Jahrzehnten zu einer geistlichen Heimat geworden ist.

Was sagt man zu einem solchen Jubiläum, ohne weitschweifig oder gar zu „lobhudelig“ zu werden? Dass es möglich wurde, dass dieser Ort hier Heimat für Menschen werden konnte, liegt sicher an dem wunderschönen Kirchraum in St. Andreas, den wir ja heute auch am Kirchweihfest feiern, es liegt sicher daran, dass hier in der Krypta die Grablege des Hl. Albert ist, es liegt aber ganz sicher auch daran, dass man in den vergangenen Jahrzehnten hier Menschen begegnen konnte, die einen „sich zuhause fühlen“ ließen … Ordensbrüder, die ihr Charisma für St. Andreas – vor allem für die Menschen hier – einsetzten und die Atmosphäre prägten, die etwas Nachhaltiges hinterlassen haben und auf deren Arbeit mehrere Generationen von Dominikanern aufbauen konnten – auch wir heute!

Und so möchte ich heute ganz schlicht und einfach ein paar dieser Mitbrüder aus dem Predigerorden in Erinnerung rufen, die St. Andreas auf ganz verschiedene Weise geprägt haben, Mitbrüder, deren Namen z.T.  auch noch heute immer wieder von Kirchbesuchern genannt und erinnert werden, aber auch Mitbrüder, die eher bescheiden im Hintergrund gewirkt haben. Vielleicht lässt Sie ja auch der ein oder andere Name aufhorchen und weckt eine Erinnerung bei Ihnen.

Zuvor aber einige Sätze zu den Anfängen der der Dominikaner hier an St. Andreas. Nach dem 2. Weltkrieg lag Köln in Trümmern. Auch die Kirchen waren schwer beschädigt bis zerstört.

Sehr schnell machte man sich daran, die romanischen Kirchen wieder aufzubauen. St. Andreas hatte verhältnismäßig „Glück gehabt“. Die Zerstörungen waren zwar immens, aber doch so, dass der Kirchraum bereits 1946 wieder nutzbar war. Kardinal Frings nutzte St. Andreas viele Jahre lang als provisorische Kathedrale, wo er seine Pontifikalämter hielt. Der Kardinal pflegt intensiven Kontakt zu Konrad Adenauer, der 1946 noch einmal kurz Kölner Oberbürgermeister war. Außerdem standen beide in Verbindung mit Pater Laurentius Siemer, dem Provinzial der Teutonia, der in der Nazizeit in den Untergrund gehen musste und der in dieser Zeit mit vielen Politikern des heimlichen Wiederstandes korrespondierte. Kardinal Frings und Konrad Adenauer waren so etwas wie „Geburtshelfer“ für die dominikanische Präsenz an St. Andreas. Am 01. Mai 1947 – genau heute vor 75 Jahren – übergab der Erzbischof den Dominikanern die Seelsorge an der Andreaskirche. In den 50er Jahren bauten die Brüder das Kloster direkt neben der Kirche, das bis heute dort steht – entworfen vom berühmten Kölner Nachkriegsarchitekten Karl Band, der auch die neue Krypta und den Vierungs-Altarraum unserer Kirche schuf.

Pater Laurentius Siemer ist eine ganz wichtige Gestalt in unserer Provinz, gerade in der Zeit des Nationalsozialismus und des Wiederaufbaus. Er pflegt intensive politische Kontakte, besonders auch zu Konrad Adenauer, und er hatte Einfluss auf das Parteiprogramm der 1949 im Walberberger Dominikaner-Konvent gegründeten CDU.

Man erinnert sich auch an die 2. Gründungsfigur an St. Andreas. Pater Urban Plotzke, der als Prior und als Domprediger hier wirkte und bestens gesellschaftlich in Köln vernetzt war. Auch dem damals neuen Medium des Fernsehens stand er offen gegenüber, des Öfteren konnte man ihn im WDR erleben. Ein echter „Macher“, der den Bau des Klosters und die völlige Wiederherstellung der Kirche vorantrieb.

Sein Bruder Wolfram Plotzke war Künstler, und verewigte sich hier in St. Andreas mit den Fresken unter der Empore und im Windfang, mit Glasfenstern, wie den Krypta-Lünetten oder dem heute nicht mehr sichtbaren Albertfenster, sowie mit Farbfenstern und Gemälden im Kloster.

Pater Titus Braun war lange Jahre Jahre als Pfarrer hier tätig. Ein echter „Leutepriester“, Seelsorger mit Herz und Seele. Den Kelch, den die dankbare Andreasgemeinde ihm zum goldenen Priesterjubiläum schenkte, haben wir Brüder heute noch sehr gerne in Gebrauch und erinnern uns dabei an ihn.

Ein Name, der immer wieder im Gespräch mit Kirchbesuchern fällt, ist Pater Rochus Spieker – der „Pfadfinder-Pater“, dessen lebendige Predigten und Schriften, wie auch sein Engagement gerade für die Jugendlichen viele Kölner und Kölnerinnen nachhaltig geprägt hat.

Nach seinem Provinzialat wirkte von den 60er Jahren an bis zu seinem Tod Pater Wunibald Brachthäuser an St. Andreas. Auch er war Domprediger. Sein typisch „alt-dominkanischer“ Predigtstil bleibt vielen Menschen in Erinnerung. Einen Grand-Segnieur auf der Kanzel“ hat ihn ein langjähriges Gemeindemitglied mal genannt.

Viele Jahre war Pater Mauritius Keller Seelsorger an St. Andreas, übrigens der Onkel von Pater Rufus. Ich habe manchmal den Eindruck, er hat ganz Köln verheiratet. Immer wieder sprechen mich Jubelpaare darauf an. Er war auch lange Zeit Feld-Hillijer der Roten Funken. Die Platzkonzerte, die das Traditionscorps an Karneval vor dem Balkon des Klosters auf der Komödienstraße bot, müssen jedesmal ein spektakuläres Ereignis gewesen sein.

Erinnerst sei an Bruder Franziskus Nett, von dem die Leute sagten, er sei wie er heiße. Viele Jahre war er als Sakristan tätig und hatte als Gärtner den grünen Daumen. Seine Blumenkästen auf dem Balkon des Klosters ließen die Menschen auf der Straße oft anhalten und staunen.

Mancher erinnert sich noch an den wohl berühmtesten Beichtvater von St. Andreas, den blinden Pater Candidus Wiedemann, der vielen Menschen an St. Andreas in seiner menschlichen Art sehr geholfen hat.

Immens wichtig für St. Andreas waren natürlich Pater Manfred Entrich und Pater Herbert Schlögel, die die späten 70er und die 80er Jahre hier geprägt haben. Der Papstbesuch des heiligen Johannes Paul II. 1980 zum 700. Todestag des Hl. Albert fiel in ihre Anfangszeit. Pater Manfred führte die Generalsanierung des Hochchores durch und gründete den Kirchbauverein St. Andreas neu. Heute mag man es kaum glauben, aber in den 80er Jahren war St. Andreas DIE Jugendkirche von Köln. Es bildeten sich viele Gruppen. Die Sonntagsgottesdienste waren z.T. so enorm voll, dass man sehr früh kommen musste um noch einen Sitzplatz zu bekommen, wie immer wieder Andreaner berichten. Manch einer bezeichnet diese Zeit heute noch als das „goldene Zeitalter“ an der Dominikanerkirche.

In dieser Zeit kam auch Pater Meinolf Lohrum nach St. Andreas. Lange begleitete er die Albertgruppe und steckte viele mit seiner Liebe zum Hl. Dominikus und zum Orden an, auch Generationen von jungen Mitbrüdern im Noviziat und Studentat der Provinz, wo er regelmäßig unterrichtete.

Viele erinnern sich gerne an Pater Johannes Bunnenberg, den späteren Novizenmeister und Provinzial der Teutonia, der von Ende der 80er bis in die 90er Jahre an St. Andreas tätig war. Seine Literarischen Predigten fanden großen Anklang, auch in seiner späteren Zeit als Provinzial bis 2017, als er hier regelmäßig predigte.

Pater David Kammler – der auch heute hier ist, war in den 90er Jahren hier in St. Andreas als Prior in seiner Geburtsstadt tätig. Nach seinem späteren Einsatz für die Dominikanische Familie weltweit an der Ordenskurie in Rom und seiner Zeit in Walberberg, kehrte er nach Köln als Prior von Hl. Kreuz zurück und ist bis heute bei uns hier im Einsatz, wofür viele – gerade Beichtende – sehr dankbar sind. Seine „Mess op kölsch“ in St. Anna und in Hl. Kreuz sind übrigens geradezu legendär.

In den 90er Jahren war Pater Thomas Krauth Prior und Pfarrer. Unter seiner Ägide wurde nach dem großen rheinischen Erdbeben, die Andreaskirche grundsaniert – eine Mammutaufgabe. Die künstlerische Ader von Pater Thomas führte auch dazu, dass der Kontakt zu Markus Lüpertz intensiviert und das große Fensterprojekt angestoßen wurde. In seiner Zeit war auch ein Teil des Studentates in St. Andreas. Die jungen Brüder prägten damals auch die Atmosphäre mit.

Zur gleichen Zeit war auch Pater Adolf Weber als Missionsprokurator der Provinz und als Seelsorger an der Klosterkirche tätig. Sein enorm trockener norddeutscher Humor, seine Geradlinigkeit und seine Predigten bleiben vielen in Erinnerung. Ich zitiere hier seine legendäre kürzeste Predigt: „Im Evangelium hat Jesus gerade alles gesagt, was notwendig war. Dem muss ich eigentlich nichts mehr hinzufügen. Amen.“ Auch als Beichtvater und als Kölner Brauer-Kaplan war Pater Adolf hochgeschätzt.

Seit den 90er Jahren war Bruder Christian Henschel – nach Auflösung seine geliebten Warburger Konventes – bis zu seinem Tod 2016 als Sakristan in St. Andreas tätig. Aber nicht nur das. Trotz oder sogar wegen seiner sprachlichen Probleme, seiner einfachen Frömmigkeit und seiner Bescheidenheit war Bruder Christian ein echter Seelsorger der „kleinen Leute“. Da er niemandem etwas abschlagen konnte, war er ein guter und geduldiger Zuhörer, ständig in der Kirche präsent, freigiebig, wenn jemand Hilfe brauchte. Ein bisschen war er über 20 Jahre sowas wie die „Seele von St. Andreas“ und viele erinnern sich gerne an Ihn.

Erinnert werden soll auch an Pater Manfred Gerigk und Pater Marcel Oswald, die nach Umwandlung des Konventes in ein Domus filialis von Hl. Kreuz ab 2004 zusammen mit Bruder Christian mit großem Einsatz die Fahne in St. Andreas hochgehalten haben. Pater Manfred war als Missionsprokurator nach St. Andreas gekommen und begleitete auch lange die Albertgruppe. Pater Marcel sprach durch seine Frömmigkeit viele an und wurde zu einem wichtigen geistlichen Begleiter. Alle drei haben sich in schwierigen Zeiten sehr um St. Andreas verdient gemacht, was ihnen hoch angerechnet wird.

Sicher habe ich nun eine ganze Reihe von Namen nicht genannt, die für St. Andreas aber sicherlich sehr wichtig waren oder vor allem auch für Sie ganz persönlich. Wir freuen uns darauf, dass Sie uns vielleicht von diesen Brüdern erzählen. Über ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit ihnen. Vieles ist im Konvent auch oft gar nicht bekannt, was Menschen mit bestimmten Mitbrüdern verbinden.

Eigentlich müsste ich an dieser Stelle auch eine Liste von Freuen und Männern aufmachen, die sich hier an St. Andreas mit viel Herzblut in der Gemeinde engagiert haben, in den Gremien und den vielen, vielen Gruppen, die es hier gab und gibt, in den dominikanischen Gemeinschaften und vielem mehr. Ich fange das lieber gar nicht erst an, den es waren aberhunderte von „Andreanern“ in den 75 Jahren.

Aber ohne sie, wäre die Arbeit der Brüder gar nicht möglich gewesen und St. Andreas wäre nicht der Ort, den wir kennen und lieben. Sie alle waren nicht in erster Linie Subjekte der Seelsorge, sondern Mitverkünderinnen und -verkünder – das ist es was St. Andreas ausmacht.

Seit über einem Jahrzehnt dürfen nun Pater Sebastian Annas und ich, Pater Christoph Wekenborg, hier an St. Andreas tätig sein und dominikanische Präsenz zeigen und wir fühlen uns hier bei den Menschen dieser Gemeinde sehr geborgen und gestützt – keine Selbstverständlichkeit.

Gott sei Dank werden wir dabei von einer ganzen Reihe von Mitbrüdern aus Hl. Kreuz unterstützt – sonst wäre das gar nicht zu schaffen: vom Provinzial, Pater Peter – übrigens eine echte Andreas-Berufung – vom Prior, Pater Gottfried, von Pater David, Pater Rufus, Pater Carsten, Pater Gregor, Pater Johannes und Pater Gerfried, sowie bis letztes Jahr auch von Pater Cletus Wingen, dessen humorvolle Predigten vielen in Erinnerung bleiben, ebenso wie sein enorm gefragter Rat im Beichtstuhl.

Wir Brüder, die wir heute hier an St. Andreas leben und arbeiten, sind enorm dankbar für das Wirken dieser Generationen von Dominikanern, die in den letzten 75 Jahren das Leben an dieser Gemeinde maßgeblich geprägt haben. Es ist heute das Fundament unserer Tätigkeit. Auch den großen Vertrauensvorschuss, den wir genießen dürfen, verdanken wir der Arbeit unserer Vorgänger. Ordensmännern mit einzigartigen Charismen, Männer mit Ecken und Kanten und menschlichen Schwächen, Brüder, die mit Herzblut bei der Sache waren um St. Andreas zu einem „Heimatort“ zu machen, an dem Menschen eine Ahnung von Gott bekommen können. Für uns Dominikaner – und ich denke auch für die ganze Andreasgemeinde – ist heute ein Tag der Dankbarkeit.

Dank einmal an die lebenden und verstorbenen Brüder des Predigerordens, die hier wirkten und wirken und vor allem aber Dank an Gott, der uns und Ihnen diesen Ort der Begegnung mit ihm und miteinander geschenkt hat.

Danke, lieber Gott, dass du St. Andreas und alle Menschen, die diese Kirche und das Kloster besuchen und mit Leben erfüllen, in den vergangenen Jahrzehnten so sehr gesegnet hast. Danke, dass wir hier deine Nähe spüren dürfen und dass du diesen Ort für uns alle zu einer geistlichen Heimat machst.